11. März 1902

"Drei Wochen vor Ostern, da geht der Schnee weg!"

Mit diesen Worten beginnt ein altes Volkslied, das es freilich mit der Wahrheit nicht allzu genau nimmt. Einen Beweis dafür liefert uns das Wetter von gestern und heute, denn gerade 3 Wochen sind noch bis Ostern, aber der Schnee ist nicht weggegangen, sintemalen [weil] schon lange keiner mehr vorhanden war, aber in lustigem Flockentanze fiel er gestern des ganzen Tages vom Himmel herab; allerdings ging er gleich darauf wieder weg, denn das Thermometer zeigte ungefähr 1 Grad über Null und zeitweise war der Schnee auch mit Regen vermischt, so daß sich auf den Straßen ein unsagbarer Schmutz bildete. Während der Nacht sank das Thermometer um einige Grad unter Null und heute früh hatten wir die schönste Winterlandschaft, wie mitten im Januar. Rudolph Falb kann diesmal triumphieren. Er hat den 10. März als kritischen Tag erster Ordnung bezeichnet, ist dabei aber so vorsichtig gewesen, eine Verschiebung desselben von 3 oder 4 Tage als möglich hinzustellen.

 

Die neue Rechtschreibung:

Nach einem Beschluß des Staatsministeriums soll die z. Zt. zur Beseitigung der großen Verschiedenheiten auf dem Gebiet der deutschen Rechtschreibung vom Kultusministerium festgestellt einheitliche Rechtschreibung für den Schulunterricht bei den staatlichen und den jenen unterstellten Behörden eingeführt werden; auch den kommunalen Behörden soll von Seiten des Ministers die Einführung der einheitlichen Rechtschreibung für den amtlichen Verkehr empfohlen werden. Als Einführungszeitpunkt ist der 1. Jan. 1903 in Aussicht genommen. Den betheiligten Staatsbehörden sind bereits Abdrücke der für die einheitliche Rechtschreibung gültigen Regeln mit einem Wörterverzeichnis zur Kenntnis übergeben, um die zur Einführung jener Rechtschreibung erforderlichen Maßnahmen schon jetzt vorbereiten zu können.