14. Februar 1906

Ein Semmeldieb ist in der Person eines 9jährigen Schülers L., am Kastaniengraben wohnhaft, ermittelt worden. Der Bursche stellte es schlau an, indem er am frühen Morgen mit einer Laterne und einem großen schwarzen Beutel von Haus zu Haus ging und sich die Frühstücksbeutel aneignete. Wer ihn traf, hielt ihn für einen Bäckerjungen, der Frühstück austrägt. Er gab an, im Auftrage seiner Mutter gehandelt zu haben. Bei einer Hausdurchsuchung wurden 11 Semmelbeutel vorgefunden; bei einzelnen, die ein eingesticktes Kennzeichen hatten, war dies ausgetrennt. Interessenten können sich die Beutel auf dem Polizeibureau ansehen.

 

Was man in Straßenbahnwagen soll und nicht soll.

Du sollst, wenn Du einsteigen willst, nicht den Aussteigenden den Weg versperren.

Du sollst, wenn Du aussteigen willst,  nicht fünf Minuten vor dem Anhalten Dich an den Ausgang stellen, wie eine Schildwache.

Du sollst niemals, wirklich niemals, während der Fahrt auf- und absteigen.

Du sollst nicht Goldstücke und Hundertmarkscheine beim Schaffner wechseln wollen. Lege Dir einen Nickel zurecht, ehe Du einsteigst.

Du sollst, als Raucher, nicht mit erlöschenden Zigarrenstummeln die Luft im Wagen verpesten

Du sollst, als Nichtraucher, Dich hüten, Wutblicke zu schleudern, wenn Dir auf der Plattform Tabaksqualm ins Gesicht weht. Der Raucher hat keinen anderen Platz.

Du sollst beim Einsteigen nicht von Deinen Begleitern Abschied nehmen, als reisest Du nach Amerika, und nicht Grüße an alle Verwandten und Freunde noch andere wortreiche Aufträge austeilen.

Du sollst dem Wagenführer nicht Anekdoten erzählen und Gespräche über das Wetter mit ihm führen. Der hat an andere Dinge zu denken.

Du sollst im Wagen nicht deinen nassen Regenschirm an anderer Leute Knie lehnen.

Du sollst, wenn jemand Platz begehrt, der durch Zusammenrücken nicht erzielt werden kann, nicht wie festgeleimt auf Deinem Sitz verharren und träumen.

Du sollst nicht bloß jungen hübschen Mädchen Platz machen, wenn es nötig ist, sondern vor allem älteren Damen.

Du sollst, wenn Du ein Mann bist, schöne Frauen nicht anstarren, als möchtest Du sie vor Liebe aufessen.

Du sollst, wenn Du ein Weib bist, nicht die Toilette Deiner Nachbarin von der Hutnadel bis zum Rocksaum studieren wie ein Kleidermodell.

Du sollst Deinen Mitmenschen nicht auf die Zehen treten, wenn Du in den Wagen gehst.

Du sollst nicht Dein Frühstück im Wagen verzehren, das sieht meist unappetitlich aus.

Du sollst Dir nicht mit Deinem Gegenüber oder Nachbarn Familiengeschichten so laut erzählen, dass alle Fahrgäste es hören.

Du sollst nicht Käse oder Räucherfische in den Wagen mitbringen.

Du sollst nicht spucken, Du sollst nicht spucken, Du sollst nicht spucken.

(„Praktischer Wegweiser für jede Familie“, Verlag in Würzburg)