18. Oktober 1911

Früher Winter. Recht plötzlich ist eine starke Abkühlung erfolgt, und es sieht gerade so aus, als ob sich der Winter in diesem Jahre ungemein früh einstellen wolle. Ein Hochdruckgebiet, das sich Sonnabend über Skandinavien ausgebildet hatte, ist über die Ostsee nach Polen gezogen, hat sich dort mit einem über Südosteuropa befindlichen zweiten Hoch vereinigt und so ein sehr hohes Maximum von über 780 mm erzeugt, das Montag früh den größten Teil Europas beherrschte und schnell eine starke nächtliche Ausstrahlung verursachte. Infolgedessen sind in vorletzter und letzter Nacht in der ganzen östlichen Hälfte Deutschlands Nachtfröste vorgekommen, die an einzelnen Orten, auch in Guben, sehr scharf waren. Die jetzige Luftströmung dürfte eine Verschiebung des kalten Hochdruckgebietes nach Südosteuropa und damit eine langsame Wiedererwärmung ergeben, die allerdings nicht erheblich werden dürfte, angesichts des Umstandes, daß die Luftzufuhr aus Ost- und Südeuropa zunächst noch kalt bleibt. – Sommerliche Wärme herrscht zur Zeit nur noch in Italien und Südfrankreich, wo die Morgentemperaturen vielfach noch 17 Grad Wärme betrugen. Auf die Zufuhr erwärmter Luft aus diesen Gebieten ist aber einstweilen nicht zu rechnen, da dort der Luftdruck am niedrigsten ist, während er am höchsten in dem westrussischen Kältegebiet ist. Es darf daran erinnert werden, daß auch vor drei Jahren in der dritten Oktoberwoche bereits Frost einsetzte, und zwar bei einer gegenwärtigen ziemlich ähnlichen Luftdruckverteilung und bei gleichfalls frischen bis starken Ostwinden. Möglicherweise leitet dieser Oktoberfrost ähnlich wie vor drei Jahren einen frühen und strengen Winter ein, sehr zum Leidwesen unserer Landwirte, wie wir bereits gestern ausgeführt haben.