1. April 1914

Das fünfzigjährige Amtsjubiläum. Eine fünfzigjährige Jubelfeier ist zu unserer Zeit in den Berufszweigen mit akademischer Vorbildung eine große Seltenheit geworden: Das Studium und der Vorbereitungsdienst nehmen eine längere Reihe von Jahren in Anspruch. Die seltene und schöne Feier ist nur dem beschieden, der seinen Universitätsbesuch rechtzeitig hat abschließen und sein Amt sehr früh hat antreten können und der imstande gewesen ist, es mit körperlicher Kraft und geistiger Frische bis in ein höheres Lebensalter zu führen.
Beides trifft bei unserem Jubilar, dem Herrn Geheimen Rat Dr. Hamdorff zu... [Es folgt ein umfangreicher Text, der die Verdienste würdigt.]

 

Stadttheater in Guben. Zum letzten Male senkte sich gestern abend der Vorhang in der diesjährigen Schauspielsaison, die mancherlei Änderungen im hiesigen Theaterwesen brachte. Der Abschluß war vom ernsten künstlerischen Anspruch aus durch die Aufführung von Ibsens „Volksfeind“ ein ebenso würdiger, wie der Anfang mit Shakespeares reizvollem Lustspiel „Viel Lärm um nichts“ vielversprechend war. Der Unterschied lag nur darin, daß der erste Abend ein volles Haus, der letzte nur ein mäßig besetztes zeigte. Im Großen und Ganzen hat das erste Genossenschaftstheater, dessen Verwirklichung in den Reihen der Genossenschaft deutscher Bühnenangehöriger große Freude ausgelöst hat, in der ersten Etappe seines Bestehens das gehalten, was es versprochen hat. Das Repertoire trug jedem Geschmack Rechnung, aber in dem Besuch der einzelnen Vorstellungen trat die Neigung des Publikums eklatant in die Erscheinung. Nicht die sorgfältig vorbereiteten klassischen Werke und die Neueinstudierungen geistvoller älterer und neuerer Autoren zeigten den gewünschten Zudrang, sondern oberflächliche Erzeugnisse, die auf literarischen Wert keinen oder wenig Anspruch machen können, erwiesen sich als „Zug- und Kassenstücke“. In der letzten Saison unter Herrn Direktor Hänseler war die abgeschmackte Posse „Autoliebchen“ das sogenannte Kassenstück, in der gegenwärtigen Saison konnte jene Durchschnittsarbeit der Possenproduktion „Wie einst im Mai“ - sage und schreibe - 11 Aufführungen erleben! Eine derartige Verflachung des Geschmacks ist bedauerlich...