1. November 1901

Quousque tandem?    [ Wie lange noch? ]

Wie lange noch wird die Geduld der Bürgerschaft gemißbraucht werden? Den scandalösen Anblick der Steinerschen Ruine haben wir bis beste Aussicht, noch Jahre lang genießen zu dürfen. Immer neue Mittel werden ersonnen, damit diese scheußliche Verunzierung, die Guben schon zum Gespött in allen Nachbarstädten und bei allen Reisenden gemacht hat, die unsere Stadt besuchen, nur ja noch recht lange erhalten bleibt. Dem Vernehmen nach ist die Besitzerin jetzt mit der Schutzmauer nicht zufrieden, weil sie angeblich eine andere Fluchtlinie inne hat als die alte Mauer hatte. Dabei bedenke man, wer die Mauer gebaut hat, nämlich Niemand anders als die Besitzerin des Grundstücks selbst! Die Stadt hat ihr zum Bau der Mauer  eine Beihilfe des Staates ausgewirkt in Höhe von 19000 Mark, die der sonst wahrlich nicht freigebige Fiskus auf Befürwortung der städtischen Behörden hergab unter der Bedingung, dass die Stadt die Garantie für eine recht sorgfältige Ausführung des Baues übernehme, den die Besitzerin selbst ausführen lassen musste, während ein staatlicher höherer Baubeamter die Oberaufsicht führte. Aus welchen Gründen die frühere Fluchtlinie nicht ganz innegehalten wurde, wissen wir nicht, vielleicht der Brücke wegen, vielleicht ist man unten auf schwer zu beseitigende Hindernisse gestoßen. Die Abweichung ist nur ganz geringfügig. Seit einem vollen Jahre  ist die Mauer fertig, jetzt kommt die Besitzerin mit diesem neuen Einwand, der natürlich nur das Resultat hat, eine endliche Regelung der Angelegenheit aufs Neue ins Unabsehbare zu verschleppen. Was nach Erledigung dieses Streitpunktesausgedacht werden wird und wie lange das angenehme Spiel noch fortgesetzt werden wird, das wären wir wirklich neugierig zu wissen. Trotz des größten Entgegenkommens der städtischen Behörden sind der Stadt in dieser Angelegenheit auf Schritt und Tritt die größten Schwierigkeiten bereitet und mit einem Eifer verfochten worden, der einer besseren Sache würdig wäre, als der Erhaltung eines eingestürzten Hauses in einem Zustande, der eine gräuliche Verunzierung der Stadt bildet. Wenn die städtischen Behörden diesen Verlauf der Sache geahnt hätten, sie hätten sich bedankt, eine Garantie für den Bau der Mauer zu übernehmen; die Besitzerin wäre dann gezwungen worden, zum Schutze der Straße und der Nachbargrundstücke die Mauer aus eigenen Mitteln zu errichten. In einigen Monaten sind fünf Jahre seit dem Einsturz des Hotels verflossen, es sieht ganz so aus, als ob wir auch noch das 10 jährige Jubiläum des Bestehens der Ruine werden feiern können.