Großfeuer in Guben
In der Vergangenen Nacht ist die in der kleinen Crossenerstraße 7/8 gelegene Strumpfwarenfabrik von Gustav Linke von einem verheerenden Feuer heimgesucht worden. Zwischen 1 und 2 Uhr wurde der Besitzer von zwei an seinem Hause Crossenerstraße 3 vorübergehenden Bürgern geweckt und aufmerksam gemacht, daß aus seinem Fabrikgrundstück Rauch aufsteige. Der Besitzer überzeugte sich sofort und gewahrte, daß aus den Fenstern des Kontorraumes Flammen herausschlugen. Er legte sofort eine Leiter an, stieg zum ersten Stock hinauf und schlug die Fenster ein, um die Geschäftsbücher zu retten. Hierbei erlitt er an den Händen Brandwunden durch Stichflammen, rettete aber die Bücher.
Inzwischen hatte sich das Feuer in großer Geschwindigkeit dem zweiten Stockwerk mitgeteilt und nahm von hier aus seinen Weg zurück zu den im ersten Stock liegenden Lagerräumen.
Beim Eintreffen der Feuerwehr, die sehr schnell an der Brandstelle erschien, schlugen die Flammen schon aus allen Teilen des Grundstückes heraus. Da bekanntlich die kleine Crossenerstraße sehr eng ist, war für die angrenzenden und gegenüberliegenden Wohnhäuser Gefahr im Verzuge, mithin mußte die Feuerwehr den Nachbargebäuden ihre besondere Aufmerksamkeit widmen. Glücklicherweise blieb das Feuer auf die Linke’sche Fabrik beschränkt.
Die Firma beschäftigt über 200 Arbeiter; der Betrieb war gegenwärtig ein sehr flotter. Im Lagerraum befanden sich für etwa 150 000 Mark fertige Strumpfwaren, die demnächst zum Versand kommen sollten. Dieser gesamte Vorrat und mit ihm alle Maschinen und sonstiges Fabrikinventar sind ein Raub der Flammen geworden. Dazu kommt noch der erhebliche Gebäudeschaden und 1500 Mark in bar verbranntes Geld, so daß der gesamte Brandschaden auf etwa 250 000 Mark geschätzt wird, den die Bayerische Versicherungsbank zu tragen hat. Hierbei ist der Schaden, der dem Besitzer durch Stillegung des Betriebes betrifft, nicht berücksichtigt.
Die Entstehungsursache des Brandes ist völlig unbekannt. Noch gestern abend bei Geschäftsschluß wurde sorgfältig revidiert, aber nichts verdächtiges entdeckt. Man vermutet daher, daß das Feuer durch Selbstentzündung der Baumwollballen entstanden ist, allerdings ist irgendein Anhaltspunkt auch hierfür nicht vorhanden.
Der Fabrikbetrieb ist auf einige Zeit vollständig stillgelegt, indessen hat ein hiesiger Fabrikbesitzer der geschädigten Firma Räume zur Verfügung gestellt, damit den brotlos gewordenen Arbeitern baldmöglichst Arbeitsgelegenheit geboten werden kann. Die Firma hofft, in den nächsten Tagen von diesen Anerbieten Gebrauch machen zu können.
Die Feuerwehr, die sich bei den schwierigen Löscharbeiten ausgezeichnet hat, hatte noch bis heute vormittag auf der Brandstätte zu tun, da aus den Trümmern hier und da noch ständig kleine Flammen emporzüngelten.
Der „Alte“. In der Erntezeit herrscht in vielen Gegenden unserer Mark die Sitte, den „Alten“ zu bringen, sobald das letzte Korn gemäht und gebunden ist. Der „Alte“, dem vielfach die Gestalt eines Mannes gegeben wird, ist die letzte Getreidegarbe. Während man sie in einigen Gegenden an der Ecke des Stoppelfeldes stehen läßt, wird sie in anderen wieder in festlichem Zuge in das Herrenhaus gebracht und löst gleich dem Erntekranz die vorjährige Garbe ab. Diese Erntesitte ist aus der heidnischen Vorzeit in unsere Tage übernommen und bedeutet nichts anderes, als den Göttern, welche die Ernte wohlgelingen ließen, ihren Anteil daran zu geben, um sich auch ferner ihres Segens zu sichern. Mit der märkischen Sitte deckt sich ein in Schlesien bestehender Brauch, demzufolge der Bauer das erste, aus neuem Korn gebackene Brot nicht für seinen Haushalt verwendet, sondern einem Armen schenkt. Mit dem Bringen des „Alten“ ist stets eine ländliche Festlichkeit verbunden.