Sprechsaal (Diese Rubrik dient dem freien Meinungsaustausch der Abonnenten der Gubener Zeitung. Für die Einsendungen selbst trägt die Redaktion nur die preßgesetzliche Verantwortung.)
Die Brandruine am Lindengraben. In dankenswerter Weise sind die Stadtväter Gubens fortwährend bemüht, unsere liebe Vaterstadt zu verbessern und verschönen. Um so mehr muß man sich wundern, daß sie die wirklich furchtbar aussehende Brandstätte der früheren Wolf´schen Fabrik am Lindegraben nicht beseitigen. Diese Ruine mit ihren Schutthaufen dient wahrhaftig nicht zur Verschönerung der Stadt, ja sie "verschandelt" den ganzen Lindegraben, der doch mit seinen vielen neuen hübschen Häusern zu den vornehmsten Straßen Gubens gehört, abgesehen natürlich von dem Eingang an der Königstraße. Alle Fremden, die im Frühling und Sommer unsere Berge besuchen, müssen an dieser Ruine vorüber. Einsender dieses hörte schon oft von auswärtigen Besuchern, die alljährlich hier her kommen, spöttische Bemerkungen darüber, daß diese "Zierde der Stadt" noch immer zu sehen sei. Hoffentlich schafft die Stadtverwaltung bald Abhilfe, besonders auch, da wir im Mai hier den "Städtetag" haben. Was würden wohl die auswärtigen Herren Bürgermeister und Stadtvertreter zu diesem Schutthaufen inmitten der Stadt sagen? A. Z.
So einfach wie der Einsender zu denken scheint, liegt die Sache nun nicht. Nach biblischer Überlieferung sind die Mauern von Jericho seinerzeit durch der Posaunen gewaltigen Schall eingestürzt. Diese geheimnisvolle Kraft haben unsere neuzeitlichen Musikinstrumente nicht mehr, sonst hätten die Anwohner wahrscheinlich schon längst einen Posaunenchor auf die Beine gebracht und die Ruine "umblasen" lassen. Auch die Stadtverordneten können dem Besitzer nicht schlangweg anbefehlen, die Ruine zu "beseitigen". Die Rechtsverhältnisse liegen in diesem Falle überaus schwierig. In dankenswerter Weise ist die Polizeiverwaltung im Interesse der Sicherheit der Anwohner bereits eingeschritten und hat wegen Einsturzgefahr die beiden obersten Stockwerke der Ruine an der Crossenermauer und zur Hälfte auch den hohen Schornstein abtragen lassen. Daß aber das rauchgeschwärzte Gemäuer, in dessen Höhlen das Grauen wohnt, nicht ein Jahrzehnt stehen bleiben kann und darf, darüber ist sich wohl die ganze Stadt einig. Wie wir hören, ist auch Aussicht vorhanden, bald eine Handhabe zu erhalten, diesem skandalösen Zustande ein Ende zu machen. Die Redaktion