22. Januar 1903

Freßvereine bestehen in Nürnberg in beträchtlicher Anzahl. Ein Blick in das im Selbstverlag des Stadtmagistrats von Nürnberg herausgegebene Adreßbuch zeigt den hohen sittlichen Standpunkt, welchen einzelne von den etwa 500 in Nürnberg bestehenden Vereinen einnehmen. Hier ist der Name keineswegs "Schall und Rauch", sondern durchaus charakteristisch für seine Träger.

Außer einem Verein der Raucher, der gemüthlichen Schnupfer und einem Lügenclub finden sich folgende: Die gemüthlichen Zecher, Die feuchten Brüder, Die Unverbesserlichen, Die Fresser Nürnbergs, Fresser Steinbühl, Fresser Zipfelbauern, Freßclub Maxfeld, Freßverein Gobl, Freßverein der Protzen, Freßverein Plärrer, Freßverein Premier und Hans Sachs-Freßverein.

Daß diese Freßvereine in einem Lande, in welchem die reichsten Leute die Brauer, der Haupthandels- und Ausfuhrartikel das Bier ist, ihren Daseinszweck, das Fressen, nicht trockenen Mundes erfüllen, ist wohl selbstredend, und so dürften die verschiedenen Freßvereine thatsächlich ebenso viele - um im Stile des Nürnberger Adressbuches zu reden - Saufvereine sein.