An alle Wähler in Stadt und Land richten wir nochmals die dringende Aufforderung, bei der Stichwahl am Donnerstag sich beim Kampfe gegen die Sozialdemokratie zu beteiligen. Wer für Gesetz und Ordnung, die Grundpfeiler des Staates, eintritt, der kann, gleichviel welcher Partei er angehört, keinem Sozialdemokraten seine Stimme geben. Die Sozialdemokraten machen unerhörte Anstrengungen, den Walkreis zu erobern, daher glaube Niemand, daß seine Stimme überflüssig sei. Jeder Wähler schreite zur Wahl mit dem Stimmzettel für Prinz von Schönaich-Carolath auf Amtitz.
Allerlei Wahlkuriosa. In einem Dorfe bei Lauban hatte vor Beginn des Wahlaktes der Wahlvorsteher laut und vernehmlich verkündet, daß jetzt die Wahl ganz geheim und versteckt sei. Als hierauf ein Wähler aus dem Nebenraum trat, wo der Stimmzettel in den Wahlumschlag zu legen war, kam er mit leeren Händen zurück. - Auf die verwunderte Frage des Wahlvorstehers, wo er das Wahlkuvert habe, erwiderte der Wähler, daß er es doch verstecken sollte, und da habe er es in das in dem Raume befindliche Bett gesteckt!
In Vetschau war ein etwas beschränkter Wähler mit dem ihm übergebenen Wahlkuvert unter Berücksichtigung der neuen Wahlbestimmungen glücklich in die "Wahlzelle", die in dieser Stadt in einem kleinen, nach dem Hofe gelegenen Zimmer besteht, hineinbugsiert worden - allein der Mann kam nicht wieder heraus. Er mochte annehmen, daß er in ein Arrestlokal gesperrt worden sei. Es vergingen 10 - 15 Minuten, bis dem Wahlvorstande angesichts der der Abstimmung harrenden Wähler, die sich in-zwischen angesammelt hatten, die Geduld ausging. Der Wahlvorsteher äußerte: "Der Man muß durch die Fenster entsprungen sein:" Die Tür wurde nun geöffnet - in der Mitte des Zimmers stand steif und unbeweglich unser Dauerwähler mit dem erhaltenen Wahlkuvert in der Hand und harrte der Dinge, die da kommen sollten. Mit Mühe konnte er bewogen werden, nunmehr seine Stimme im Wahllokal abzugeben. Bei der Stimmenzählung nach Schluß der Wahlhandlung stellte es sich heraus, daß ein Wahlkuvert keinen Stimmzettel enthielt. Allgemein wird nun angenommen, daß unser Dauerwähler es war, welcher trotz der reichlichen Muße keine Zeit gefunden hatte, seinen Stimmzettel in das Kuvert zu legen. Diese Vermutung wird noch dadurch unterstützt, daß sich der gute Mann nachträglich absolut nicht erinnern konnte, ob und welchen Kandidaten er gewählt habe.
In einem Wahllokal in einem zweiten Berliner Wahlkreise erregte es Heiterkeit, als ein Wähler seinen Diener mitbrachte, der ihm beim Einpacken seiner Stimmzettel behilflich sein sollte. Der Mann war entrüstet, als man ihm bedeutete, daß er als Staatsbürger sich dieser Pflicht selbst unterziehen müßte.
Der Vorsitzende eines Nürnberger Wahllokales, seines Zeichens Kaufmann und Ladenbesitzer, empfing einige gleichzeitig kommende Wähler mit der Frage: "Sie wünschen?", in der Meinung, hinter seinem Ladentisch zu stehen.
Ein Wähler tritt an die Urne, übergibt dem Wahlvorstand seinen Zettel und will schleunigst wieder gehen. "Halt, halt", ruft ihm der Vorsitzende zu, "bleiben Sie nur noch hier. Bitte um Ihren Namen und wo wohnen Sie?" Darauf erwiderte der Wähler:" Ja, das ist doch eine geheime Wahl!"
In Bockelholm im Kieler Wahlkreis gelangte durch Versehen in die Wahlurne ein Umschlag mit dem Stimmzettel eines zur Wahl Erschienenen, der nicht in der Wählerlist eingetragen war. Der Wahlvorstand beschloß, die abgegebenen Umschläge und Stimmzettel samt und sonders zu verbrennen und die Wahlhandlung von neuem zu beginnen. So geschah es; die Wähler wurden wieder herangeschleppt.
In Bernau saß ein Wähler auffallend lange in dem geschlossenen Raum. Als man nachsah, meinte er, er glaubte warten zu müssen, bis er aufgerufen würde.
Das Wesen der Wahlzelle gleichfalls nicht recht begriffen hatte ein Wähler, der sein Wahlrecht in Frankfurt a. O. in der Dammvorstadtschule ausüben wollte. Dort hatte man die Wahlzelle auf das Katheder, das sonst als Sitzplatz des gestrengen Herrn Lehrers diente, gestellt. Der biedere Wähler begab sich an die Wahlzelle, steckte seinen Zettel in den amtlichen Umschlag - und versuchte nun, da er das Wahlgeheimnis in jeder Hinsicht gewahrt zu haben wünschte, mit allen Kräften, den so verhüllten Wahlzettel durch die Pultritze in das Katheder zu schieben, in der Meinung, daß dies zugleich als Wahlurne diene. Den Wahlvorstand, der das Gebaren des biederen Bürgers zunächst nicht begriff, kostete es nicht geringe Mühe, den Wähler von seiner irrtümlichen Auffassung abzubringen.
Im Schwabenland kam ein harmloser Wähler, dem ein ihm bekannter "Wahlbeeinflusser" auf der Straße einen Zettel in die Hand gedrückt hatte, mit den Worten an den Wahltisch: "An scheene Grueß vom Walther und do bring i mein Stimm!"