29. Oktober 1902

Das Gähnen im Parlament: Englische Blätter melden den interessanten Fall einer parlamentarischen Ordnungsstrafe, den alle Freunde des parlamentarischen Ernstes und Anstandes mit tiefer Genugthuung, vielleicht auch mit Bedauern zur Kenntniß nehmen werden, mit Bedauern, weil sich der Fall blos in Japan ereignet hat. Dort wurde nämlich ein Abgeordneter deshalb zu drei Tagen Haft und einer Geldstrafe verurtheilt, weil er sich in einer Sitzung des Parlaments besonders hervorgethan hatte. Der öffentliche Ankläger, der diese interessante Entscheidung provoziert hatte, hob ausdrücklich hervor, daß die offen zur Schau getragene Theilnamslosigkeit jenes Abgeordneten, sein Gähnen, das den Mangel an Interesse an den parlamentarischen Vorgängen jener Sitzung zum Ausdruck brachte, demoralisierend wirken müsse, ganz abgesehen davon, daß es heilige Pflicht des Abgeordneten sei, sich für alle Funktionen des Legislaturkörpers, dem er angehört, zu interessieren. - So geschehen in Japan. In europäischen Parlamenten ist das Gähnen eine so alltägliche und häufige Erscheinung, daß man deswegen nicht gut Strafen verhängen kann.