2. Juni 1901

Für und wider die Katzen. Bei dem kürzlich in Wien abgehaltenen Bundestage des österreichischen Bundes der Vogelfreunde wurde ein allgemeiner Vernichtungskrieg gegen die Katzen beantragt und beschlossen, die Bevölkerung durch Flugblätter über die Schädlichkeit der Katzen aufzuklären und die Katzen im Interesse der Vögel für „vogelfrei“ zu erklären. Fast gleichzeitig hielt der „Verein für Katzenschutz und Katzenpflege in Deutschland“ in Dresden seine Jahresversammlung ab, wobei Preise für die Pflege der Katzen vertheilt und die Gründung von Asylen für Katzen besprochen wurde, ungefähr zu derselben Zeit hatte Halle seine Katzenausstellung! Wie soll sich nun die Bevölkerung gegenüber so widerstreitenden Anschauungen verhalten? Soll man die Katzen schonungslos vertilgen oder soll man sie schützen und pflegen? Das Richtige wird wohl in der Mitte liegen. Die Katze ist ein beliebtes Hausthier, und wenn man sie  auch nicht mehr wie die alten Ägypter als geheiligtes Thier betrachtet, so genießt sie doch, namentlich in Frauenkreisen, warme Sympathien und ist ein angenehmer Hausgenosse, der sich fast mit derselben Treue wie der Hund dem Menschen angeschlossen hat. Sie rücksichtslos vertilgen,  wäre ungerecht, aber das darf man verlangen, daß die Katzenbesitzer auf ihre Thiere achtgeben und sie verhindern, Schaden anrichten. So wie die Jagdherren jeden frei im Walde herumschweifenden Hund mit dem Tode bedrohen, so werden ja auch vagirende Katzen eingefangen.