2. November 1918

Wie man erfrorene Früchte auftaut. Es kommt häufig vor, daß beim Obstversandt, der sich ja stets weit in den Spätherbst hineinzieht, durch plötzlichen Eintritt von Frost ein Teil der Früchte unterwegs erfriert und in recht unansehnlichem Zustande am Bestimmungsort anlangt. Früchte mit leichten Frostschäden sind indes keineswegs verloren zu geben, wenn es gelingt,  sie zweckmäßig aufzutauen. Vielfach wird angeraten, erfrorene Aepfel und Birnen sofort in kaltes Wasser zu legen. Versuche die man in dieser Hinsicht neuerdings angestellt hat, haben aber ergeben, daß der Auftauungsprozess im Wasser viel zu schnell vor sich geht, und die Zellgewebe, auch wenn das Wasser sehr kalt war, durch das Auftauen mehr beschädigt wurden als durch das Erfrieren. Sobald das kalte Wasser nämlich mit den erfrorenen Stellen in Berührung kommt, bildet sich auf ihnen ein Eisüberzug. Infolge dieser Eisbildung findet aber im Innern des Zellgewebes gleichzeitig auch eine Wärmeentwicklung statt, und diese Wärme wirkt so intensiv auftauend auf die erfrorenen Zellen ein, daß ihre dünnen Wände gerissen werden. Das Auftauen erfrorener Früchte muß also unbedingt an der Luft vor sich gehen, aus der man die Früchte dann ganz allmählich in die etwas wärmere Kellertemperatur bringt. Ueberflüssiges Berühren der Früchte und dergleichen sind streng zu vermeiden. Die Wiederverwendbarkeit einer erfrorenen Frucht hängt fast nur davon ab, daß der Uebergang der Gefriertemperatur in die normale Wärme des Aufbewahrungsraumes, die sich aber auch nur in sehr mäßigen Grenzen halten darf, so langsam wie möglich stattfindet. Gelingt dies, so ist auch die Ankunft einer durch den Frost beschädigten Obstsendung kein unheilbarer Schaden.