4. Dezember 1904

Hoch- und Wasserbauten: Die wieder eingetretene milde Witterung, die vorübergehend einer milden Frostperiode Platz gemacht hatte, wird eifrig wahrgenommen, unfertige Bauten zur Vollendung zu bringen. In der Uferstraße ist das mächtige Fabrikgebäude der Berlin-Gubener Hutfabrik, vormals Cohn, mit seien vier Stockwerken und einer Frontlänge von fast 20 Fenstern zum größten Teile fertiggestellt; nur die Giebel ermangeln noch des Abschlusses. Beim Ueberschreiten der großen Neißebrücke erregen die im Wind und Wetter mit überraschender Schnelligkeit  hochgeschossenen frischen Außenmauern des Turbinenhauses der Seydelschen Mühlen unsere Aufmerksamkeit. Hier ist es ganz besonders wichtig, das Gebäude unter Dach und Fach zu kriegen, weil davon die Aufstellung der Maschinen für den Mühlenbetrieb und die elektrische Zentrale abhängt. Eigenartig ist der Unterbau des Turbinenhauses. Er besteht aus fünf langen, starken Grundmauern, zwischen denen  demnächst die Neißefluten in die Turbinen strömen werden. Die Grundmauerkronen sind durch starke Eisenträger miteinander verbunden und zugewölbt. Über den zementierten Wölbungen, an denen man zur Zeit noch arbeitet, wird sich als Oberbau das etwa zwanzig Meter im Geviert fassende Maschinenhaus mit seinen langen Oberlichtfenstern erheben. Noch ein dritter Bauplatz nimmt das allgemeine Interesse in Anspruch: die Rohrverlegung bei der Parkbrücke. Hier hat man jetzt glücklich das letzte Ende des ca. 70 Meter langen Eisenrohres unter die Flußsohle versenkt, nachdem man vorher je eine Hälfte des Stromes durch starke Spundwände und breite Dämme abgesperrt hatte. Am Achlachhofufer ist der ins Eisenrohr mündende Zementkanal von viel größerem Durchmesser als das Rohr; deshalb sind an seinem verjüngten Ausgange seitlich drei selbsttätige Eisenklappen angebracht, die sich bei eintretender Stauung der Abwässer, wie sie bei Regengüssen vorkommt, nach einem Notkanal öffnen, der die oberen sinkstofffreieren Wassermassen in das Flußbett abführt. Derartige Reserveauslässe zur Verhütung von Rückstauungen im Kanalnetze sind an verschiedenen anderen Stellen ebenfalls vorgesehen (Grüne Wiese, Kirschmarkt, Jungfernbrücke, Wilhelmsplatz etc.)