8. Februar 1912

Säuglingsfürsorge. Aus der praktischen Arbeit des Vereins Frauenwohl dürfte die von ihm ins Leben gerufene Säuglingsfürsorge weitere Kreise interessieren. Sie begann am 8. Juni mit der ersten Mütterberatungsstunde. Seit dem 1. September 1910 wurden regelmäßige Sprechstunden, verbunden mit ärztlicher Untersuchung der Säuglinge und Verteilung von Stillprämien, abgehalten, bis Jahresschluß 1911 an 63 Tagen. Es wurden 226 Mütter beraten, darunter 2 Mütter mit Zwillingen, also 228 Kinder, von diesen Kindern waren ehelich 189, unehelich 39. Der Besuch der Sprechstunden ist wesentlich gestiegen, durchschnittlich fanden sich zu jeder Beratungsstunde 37 Mütter ein, in den letzten Monaten weit über 40. An 157 selbststillende  Mütter wurden Stillprämien abgegeben, an 17 Mütter Milchunterstützungen. Von den beratenen Kindern starben, so weit bekannt, 5%, ein sehr günstiges Ergebnis, verglichen mit der sonstigen Säuglingssterblichkeit. Außer den Beratungsstunden machten die vom Verein angestellten Fürsorgeschwestern über 3000 Hausbesuche bei den Kindern. Die Arbeit erfreute sich der wohlwollenden Unterstützung der Stadtbehörde, die in den vom Verein Frauenwohl gebildeten Ausschuß für Säuglingsfürsorge Herrn Stadtrat Bolduan und Herrn Stadtverordneten Kunert abordnete. Außerdem gehören ihm als beratender Arzt Herr Medizinalrat Dr. Jungmann und als Kassenführer Herr Pfarrer lic. Baltzer an. Dazu als Vorsitzende Frau Magarethe Schlief und weitere zehn Damen des Vereins, die alle in regelmäßigem Wechsel jeden Mittwoch tätig sind, Die Stadtverwaltung gewährte der Fürsorgeschwester zunächst freie Wohnung und Beköstigung, seit dem 1. Juli freie Wohnung und Kostgeld, monatlich 30 M., außerdem im Jahre 1911 350 M. für Stillprämien und überwies dem Verein aus dem Wolfsschen Legat 106,20 M. Außerdem überwies die Landesdeputation des Marktgraftums Niederlausitz 300 M. Alle anderen Mittel sind durch Veranstaltungen des Vereins Frauenwohl beschafft, durch einen vier mal wiederholten Theaterabend fast 300 M., durch den Blumentag über 9000 Mark, von dem ein Fünftel dem Vaterländischen Frauenverein für Gubener Veteranen und dem Suppenverein für seine Arbeit abgetreten wurden. Der Verein bedarf so großer Mittel, da er allein für Stillprämien monatlich jetzt über 300 M. ausgibt. Hoffen wir, daß die Opferwilligkeit unserer Mitbürger ihn weiter unterstützen wird, seine segensreiche Arbeit fortzusetzen.